Stellungnahme zur Aktualisierung des Nationalen

Strategieplans Aquakultur 2021-2030,

(2. Forellen)

 

Frage 1: Information der Konsumenten:

 

Wir schätzen das Potential regionaler Erzeugung von Aquakultur Produkten als hoch ein. Vorteile für den Konsumenten: Die räumliche und persönliche Nähe zum Produzenten fördert das Vertrauen in die Qualität der Produkte.  Kurze Transportwege verbessern den Tierschutz und garantieren die Frische des Produktes. Weiterhin kann die Produktion vor Ort am besten eine gesicherte Qualität nach den Vorgaben der EU gewährleisten und erfüllt damit auch die strategische Ausrichtung der EU: FARM to FORK  https://ec.europa.eu/food/farm2fork_en  ) oder Green Deal

Die regionale Struktur der Produktion und Vermarktung unterscheidet sich dann maßgeblich von der Produktion in der Türkei. Diese stört mit den Exporten in die EU erheblich den innerdeutschen Markt; hinsichtlich Preis und Nachhaltigkeit

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/communication-annex-farm-fork-green-deal_en.pdf

Frage 2: Erzeugerorganisationen:

Die Marktchancen für regionale Produkte werden durch Erzeugerorganisationen nicht verbessert. Die Stärke der regionalen Erzeugung liegt in der sehr regionalen Direktvermarktung. Hierfür werden keine größeren Organisationen über dem Produzenten benötigt. Auch Erzeugerorganisationen machen den deutschlandweiten Lebensmitteleinzelhandel, LEH für Erzeuger nicht interessant.

 

Frage 3: Menschliche Gesundheit / Tierwohl:

Zooanthroponosnosen sind nur von ganz untergeordneter Bedeutung im Zusammenhang mit Aquakultur, speziell auch in Deutschland. Deshalb sollte nicht nur „menschliche“ Gesundheit, sondern auch tierische Gesundheit beachtet werden.

Im Zusammenhang mit meldepflichtigen Tierseuchen müssen bei Zukäufen aus dem europäischen Ausland  Hygienekonzepte sowohl in den Lieferbetrieben (z.T in EU MS), wie auch im aufnehmenden Betrieb, verbessert werden. Stichworte: seperate Haltung, ggf.  Quarantäne oder Trennung von zugekauften Fischen.  z.B. Separierung von der Außenwelt (Einlaufrechen, Auslaufrechen, Einzäunung, Einhausung, Reinigung und Desinfektion insbesondere von Transportfahrzeugen + Ausrüstung). Gleichzeitig müssen künftig Behörden die Beachtung solcher besonderer Vorsichtsmaßnahmen bei Maßnahmen entsprechend honorieren und  individuell  verfahren.

 

Bezüglich nicht anzeigepflichtiger Tierseuchen  braucht die Branche Impfmöglichkeiten (Forderung an die DG Sante, EU) Ebenfalls erforderlich sind technische Vermeidungsstrategien (verbesserte Hygiene) (ev. kann es sogar günstiger sein dieselbe Menge Fische in kleineren Haltungseinheiten mit besserer Wasserqualität zu halten als in großen Haltungseinheiten mit vermeintlich viel Platz (Ichthyophtirius mult., Problem in großen Teichen mit langer Wasseraustauschzeit) zusätzlicher zugelassener Behandlungsmöglichkeiten.

 

Beim Transport gibt es aktuell neue Entwicklungen zur besseren Entgasung während des Transports, mit dem Potential das Fischwohl zu verbessern. Eventuell kann auch ein Positionstracking von Fahrzeugen von Vorteil sein, denn hiermit wird die Planung von Lieferungen und auch das Beheben von Pannen erleichtert.

 

Frage 4: Umweltleistungen:

Umweltleistungen werden am besten dadurch honoriert, dass die Bewirtschaftung entsprechend der guten fachlichen Praxis nicht noch weiter durch Auflagen und Kontrollen behördlich behindert wird. Auch eine Ausweitung der Produktion muss möglich sein und behördlich unterstützt, statt wie bisher nur verhindert, werden.

 

Frage 5: Prädatoren Management:

Der negative Einfluss von Prädatoren und anderen Wildtieren auf die Aquakultur hat dramatisch zugenommen. Die Forellenzucht kann ohne Einhausung gegen Vögel vermutlich nicht mehr verantwortungsvoll und erfolgreich durchgeführt werden. Der Prädationsdruck durch Landtiere (Otter, Füchse, Waschbären, Mink, ..) nimmt zu. In immer mehr Gegenden nimmt die Rückkehr des Fischotters existenzgefährdende Ausmaße an.

Forellenzüchter anerkennen die Bedeutung von Prädatoren in Nahrungsketten. Tierschutz ist ein Wert der bei Fischzüchtern naturgemäß sehr hoch angesiedelt ist. Aber ein Schutz der Fischbestände, die im privaten Eigentum der Fischzüchter sind,  ist unerlässlich und zwingend zu gewähren, auch unter dem Gesichtspunkt die gehaltenen Tiere vor Verletzungen und Leiden zu bewahren. Der Schutz gegen Vögel kann die Einhausung von Fischzuchten, oder die Überspannung mit Netzen  bedeuten, aber auch andere bauliche und organisatorische Maßnahmen.

Zum Schutz gegen Landsäuger werden zunehmend Zäune, die tief im Boden eingegraben sind, für alle Betriebe unabdingbar. Diese Schutzeinrichtungen sind sehr teuer in der Anschaffung und teuer im Unterhalt. Abgesehen von den hohen Kosten, sind für die Einzäunungen auch Baugenehmigungen im Aussenbereich erforderlich, die bislang nicht immer erteilt werden!

In manchen Fällen kann es sogar notwendig werden feste Gebäude (Fischställe) um die Fischbecken zu errichten.

Auch der sich immer weiter verbreitende Bieber verursacht erhebliche Kosten und Probleme in den betroffenen Fischzuchten, bis hin zu Totalverlust in einzelnen Haltungseinheiten.

Für Karpfenzuchtberiebe ist die Situation noch schwieriger, weil die Schutzmaßnahmen durch die größeren Flächen viel teurer, häufig unmöglich, sind.

 

Frage 6: Klimawandel:

 

Der Klimawandel wird die Forellenzucht in 4 oder mehr Weisen beeinflussen:

 

  1. Verlängerung oder Häufung von Trockenperioden mit wenig Frischwasserzulauf: Hier werden die Forellenzüchter durch technische Maßnahmen wie verbesserter Belüftung oder eventuell teilweiser Wasseraufbereitung gegensteuern müssen. Es ist zu erwarten, dass die Reinigung von Wasser in der Fischzucht durch Partikelfilter und biologischen Filtern an Bedeutung gewinnt. Dies kann sowohl im Durchfluss (Mehrfach Nutzung von Wasser) als auch in Teilkreisläufen erfolgen. Eventuell müssen Maßnahmen auch nur in Trockenperioden ergriffen werden. Dabei wird es nicht nur eine Technologie für alle Betriebe geben können, weil die Topographie und die Wasserchemie der Betriebe unterschiedlich ist. Hier muss auch auf angepasste energieeffiziente Konzepte geachtet werden.

 

  1. Erwärmung des Wassers in den Haltungseinheiten: Gegen diesen unerwünschten Effekt von intensiver Sonneneinstrahlung und warmen Umgebungstemperaturen hilft nur Beschattung. Großflächige Dächer über Fischzuchten reduzieren messbar die Erwärmung des Fischzuchtwassers. Hierüber gibt es bereits Erfahrungswerte (1-5 °C weniger Erwärmung). Beschattung reduziert auch das unerwünschte Algenwachstum signifikant. Forellen suchen in der Natur ohnehin eher schattige Plätze auf und haben im Schatten weniger Stress. Schlussendlich verbessert Beschattung auch die Arbeitsbedingungen von Personal, wenn das Personal unter der Beschattung arbeiten kann.

 

  1. Häufung von Hochwasser nach Starkregen. Hier werden für den Hochwasserschutz ertüchtigte Wehre und Zulaufrechen benötigt (auch automatisiert).

 

  1. Salmonidenarten mit geringer Wärmetoleranz (Saiblinge) werden Probleme bekommen.

 

Frage 7: Verwaltungsverfahren:

 

Es gibt mindestens 2 Hemmnisse bei Genehmigungen für Aquakulturanlagen:

  1. Umweltbehörden an den (unteren) Verwaltungsbehörden sind das größte Hindernis. Viele bestehende Aquakulturanlagen wurden gegen deren Willen und ohne Einspruchsmöglichkeit in Landschaftsschutzgebiete, Vogelschutzgebiete und FFH Gebiete aufgenommen. Dies behindert massiv deren Weiterentwicklung. Häufig wird dort jetzt ein Tier geschützt, das zum Zeitpunkt Einführung von NATURA 2000 dort noch garnicht existierte. Eben diese Tiere rotten jetzt durch ungebremstes Populationswachstum andere geschützte Tiere aus (z.B. blauer Moorfrosch, Wasservögel, wie Enten etc.) und niemand verhindert das.
  2. Das Antragsverfahren und Kontrollverfahren für das EMFF ist teilweise so kompliziert, dass Fischzüchter lieber auf Investitionen verzichten. Diese Methode kann man getrost  „Angebot zum Ausschluß “ bezeichnen.

 

Eventuell könnte eine zentrale Ansprechperson die Situation tatsächlich verbessern. Aktuell sind Anträge aus Fischzuchten bei den einzelnen Behörden eher selten. Dort besteht wenig Erfahrung, diese Unsicherheit führt dann schnell zur Ablehnung von Anträgen, zumindest aber zu Anforderungen durch die Behörde, die überzogen sind und nicht häufig nicht erfüllt werden können.

 

Frage 8: Raumordnung:

 

In einigen Fällen hätten Netzgehegefischzuchten, auch im Binnenland großes Potential um die Ressource Wasser, nachhaltig zu nutzen. Dies zeigen Beispiele aus Finnland und Schottland.

 

Bisher sind „großtechnische Kreislaufanlagen“ in der Regel wirtschaftlich gescheitert. Darum werden hier spezielle Gewerbestandorte auch nicht helfen die Aquakultur in Deutschland spürbar voran zu bringen.

 

 

Frage 9: Datenerhebung:

Wir halten die Daten, die im Rahmen der Aquakulturstatistik bereits erhoben werden für ausreichend. Wir sehen keinen Bedarf für zusätzliche Datenerhebungen. Die Zahlen sind bekannt und aktuell. Die Probleme der Branche mit den Behörden sind ebenfalls bekannt.

 

Frage 10: Forschung:

Es ist mehr Forschung mit Praxisrelevanz notwendig. Die Forschung muß in Zusammenarbeit mit Praxisbetrieben erfolgen. Die Praxisbetriebe brauchen ein starkes Vorschlagsrecht für Projekte. Bereiche in denen starke Kooperationen zwischen Praxis und Forschung notwendig wären sind unter anderem:

Moderne, schnell aktualisierbare Methoden der Web-basierten Weiterbildung, die es in anderen Ländern längst gibt.

Genetik und Nachzucht, hier insbesondere die Anwendung von molekularbiologischen Methoden (Marker assisted selection siehe z.B. ).

Molekularbiologische Methoden zur Krankheitsdiagnostik.

Strategien zur Bewältigung des Klimawandels (Temperatur, Wasserqualität bei wenig Wasser, …)

Fütterung und Ernährung von Fischen: Eiweiß-Effizienz, alternative Futterkomponenten, …

Verbesserung der Steuer- und Regeltechnik.

Verbesserung der Technik zur Belüftung, Entgasung, Reinigung.

Verbesserung von Arbeitsprozessen (weniger Handarbeit, genauere Datenerfassung des Fischbestandes, …)

Technologien für neue verarbeitete Produkte.

Frage 11: Corona Pandemie:

Der Absatz über HoReCa ist auf wenige Prozent gesunken. Die Vermarktung über herkömmlichen Partner in der  Gastronomie ist (im Gegensatz zur Karpfenproduktion) zusammengebrochen. Die Auswirkungen auf den Absatz sind erheblich, wenn auch sehr unterschiedlich. die Absatzminderung erreicht z.T. über 40%. Die Frischware später als Frostware auf den Markt zu bringen bedeutet, mit der eigenen Produktion später in Konkurrenz zu treten; abgesehen von den mangelnden Einrichtunge zu frosten und auch zu lagern.

Die Vermarktung mittels überregionaler Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte, LEH, ist schwierig, da die Einkuafstrategie von Marktketten sehr langfristig ist und die erforderlichen Mengen nicht in jedem Fall, und für jedem Zeitpunkt zugesagt werden können. Dies sind die üblichen Bedingungen bei den Top Fünf der Discounter. Der Zugang zu diesem Markt ist nahezu nicht möglich, vielfach langfristig auch nicht erstrebenswert.

 

Maßnahmen zur Stärkung der Direktvermarktung (Hofläden, Angelparks, …) sind langfristig vielversprechender, eine Unterstützung dazu notwendig.

(siehe https://www.portal-fischerei.de/bund/aquakultur/nationaler-strategieplan-aquakultur/anhoerung-nationaler-strategieplan-aquakultur-2021-2030/)

Hofer Forellen GmbH, Stephan Hofer

17.05.2020

Von |2020-05-23T23:04:08+02:00Mai 23rd, 2020|Allgemein, Aquakultur, Forellenzucht|1 Kommentar

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Ein Kommentar

  1. Stier slfred 24. Mai 2020 um 8:34 Uhr - Antworten

    Grundsätzlich alles richtig beurteilt von Stephan Hofer ergänzend aus meiner Sicht:es werden neue Fischarten kommen müssen sowohl für karpfen als auch forellenteichwirtschaft gerade unter dem Aspekt Klimawandel .ausserdem muss den fischzüchtern in Umkreis von 200 m einer fischzuchtsnlage sämtliche Prädatoren letal zu vergrämen andere Schutzmaßnahmen wirken einfach nicht bzw sind zu kostenintensive und beeinflussen die bewirtschafttung negativ.bei rec Anlagen müssen Genehmigungen innerhalb bestehender fischzuchtanlagen möglich sein Kombinationen von Energiegewinnung und Verbrauch mit nachhaltiger Strategie sind zu entwickeln und zu fördern .exkremente aus forellenzuchten rc Anlagen muss in ein nachhaltiges System zu proteinproduktion verwendet werden Stichwort vollkreislauf.
    Besondere Förderung müssen junge betriebsnachfolger für beide Bereiche erhalten um die Weitergabe von Wissen Tradition Nachhaltigkeit generationenübetgreifend zu Gewähr leisten,usw

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Stellungnahme zur Aktualisierung des Nationalen

Strategieplans Aquakultur 2021-2030,

(2. Forellen)

 

Frage 1: Information der Konsumenten:

 

Wir schätzen das Potential regionaler Erzeugung von Aquakultur Produkten als hoch ein. Vorteile für den Konsumenten: Die räumliche und persönliche Nähe zum Produzenten fördert das Vertrauen in die Qualität der Produkte.  Kurze Transportwege verbessern den Tierschutz und garantieren die Frische des Produktes. Weiterhin kann die Produktion vor Ort am besten eine gesicherte Qualität nach den Vorgaben der EU gewährleisten und erfüllt damit auch die strategische Ausrichtung der EU: FARM to FORK  https://ec.europa.eu/food/farm2fork_en  ) oder Green Deal

Die regionale Struktur der Produktion und Vermarktung unterscheidet sich dann maßgeblich von der Produktion in der Türkei. Diese stört mit den Exporten in die EU erheblich den innerdeutschen Markt; hinsichtlich Preis und Nachhaltigkeit

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/communication-annex-farm-fork-green-deal_en.pdf

Frage 2: Erzeugerorganisationen:

Die Marktchancen für regionale Produkte werden durch Erzeugerorganisationen nicht verbessert. Die Stärke der regionalen Erzeugung liegt in der sehr regionalen Direktvermarktung. Hierfür werden keine größeren Organisationen über dem Produzenten benötigt. Auch Erzeugerorganisationen machen den deutschlandweiten Lebensmitteleinzelhandel, LEH für Erzeuger nicht interessant.

 

Frage 3: Menschliche Gesundheit / Tierwohl:

Zooanthroponosnosen sind nur von ganz untergeordneter Bedeutung im Zusammenhang mit Aquakultur, speziell auch in Deutschland. Deshalb sollte nicht nur „menschliche“ Gesundheit, sondern auch tierische Gesundheit beachtet werden.

Im Zusammenhang mit meldepflichtigen Tierseuchen müssen bei Zukäufen aus dem europäischen Ausland  Hygienekonzepte sowohl in den Lieferbetrieben (z.T in EU MS), wie auch im aufnehmenden Betrieb, verbessert werden. Stichworte: seperate Haltung, ggf.  Quarantäne oder Trennung von zugekauften Fischen.  z.B. Separierung von der Außenwelt (Einlaufrechen, Auslaufrechen, Einzäunung, Einhausung, Reinigung und Desinfektion insbesondere von Transportfahrzeugen + Ausrüstung). Gleichzeitig müssen künftig Behörden die Beachtung solcher besonderer Vorsichtsmaßnahmen bei Maßnahmen entsprechend honorieren und  individuell  verfahren.

 

Bezüglich nicht anzeigepflichtiger Tierseuchen  braucht die Branche Impfmöglichkeiten (Forderung an die DG Sante, EU) Ebenfalls erforderlich sind technische Vermeidungsstrategien (verbesserte Hygiene) (ev. kann es sogar günstiger sein dieselbe Menge Fische in kleineren Haltungseinheiten mit besserer Wasserqualität zu halten als in großen Haltungseinheiten mit vermeintlich viel Platz (Ichthyophtirius mult., Problem in großen Teichen mit langer Wasseraustauschzeit) zusätzlicher zugelassener Behandlungsmöglichkeiten.

 

Beim Transport gibt es aktuell neue Entwicklungen zur besseren Entgasung während des Transports, mit dem Potential das Fischwohl zu verbessern. Eventuell kann auch ein Positionstracking von Fahrzeugen von Vorteil sein, denn hiermit wird die Planung von Lieferungen und auch das Beheben von Pannen erleichtert.

 

Frage 4: Umweltleistungen:

Umweltleistungen werden am besten dadurch honoriert, dass die Bewirtschaftung entsprechend der guten fachlichen Praxis nicht noch weiter durch Auflagen und Kontrollen behördlich behindert wird. Auch eine Ausweitung der Produktion muss möglich sein und behördlich unterstützt, statt wie bisher nur verhindert, werden.

 

Frage 5: Prädatoren Management:

Der negative Einfluss von Prädatoren und anderen Wildtieren auf die Aquakultur hat dramatisch zugenommen. Die Forellenzucht kann ohne Einhausung gegen Vögel vermutlich nicht mehr verantwortungsvoll und erfolgreich durchgeführt werden. Der Prädationsdruck durch Landtiere (Otter, Füchse, Waschbären, Mink, ..) nimmt zu. In immer mehr Gegenden nimmt die Rückkehr des Fischotters existenzgefährdende Ausmaße an.

Forellenzüchter anerkennen die Bedeutung von Prädatoren in Nahrungsketten. Tierschutz ist ein Wert der bei Fischzüchtern naturgemäß sehr hoch angesiedelt ist. Aber ein Schutz der Fischbestände, die im privaten Eigentum der Fischzüchter sind,  ist unerlässlich und zwingend zu gewähren, auch unter dem Gesichtspunkt die gehaltenen Tiere vor Verletzungen und Leiden zu bewahren. Der Schutz gegen Vögel kann die Einhausung von Fischzuchten, oder die Überspannung mit Netzen  bedeuten, aber auch andere bauliche und organisatorische Maßnahmen.

Zum Schutz gegen Landsäuger werden zunehmend Zäune, die tief im Boden eingegraben sind, für alle Betriebe unabdingbar. Diese Schutzeinrichtungen sind sehr teuer in der Anschaffung und teuer im Unterhalt. Abgesehen von den hohen Kosten, sind für die Einzäunungen auch Baugenehmigungen im Aussenbereich erforderlich, die bislang nicht immer erteilt werden!

In manchen Fällen kann es sogar notwendig werden feste Gebäude (Fischställe) um die Fischbecken zu errichten.

Auch der sich immer weiter verbreitende Bieber verursacht erhebliche Kosten und Probleme in den betroffenen Fischzuchten, bis hin zu Totalverlust in einzelnen Haltungseinheiten.

Für Karpfenzuchtberiebe ist die Situation noch schwieriger, weil die Schutzmaßnahmen durch die größeren Flächen viel teurer, häufig unmöglich, sind.

 

Frage 6: Klimawandel:

 

Der Klimawandel wird die Forellenzucht in 4 oder mehr Weisen beeinflussen:

 

  1. Verlängerung oder Häufung von Trockenperioden mit wenig Frischwasserzulauf: Hier werden die Forellenzüchter durch technische Maßnahmen wie verbesserter Belüftung oder eventuell teilweiser Wasseraufbereitung gegensteuern müssen. Es ist zu erwarten, dass die Reinigung von Wasser in der Fischzucht durch Partikelfilter und biologischen Filtern an Bedeutung gewinnt. Dies kann sowohl im Durchfluss (Mehrfach Nutzung von Wasser) als auch in Teilkreisläufen erfolgen. Eventuell müssen Maßnahmen auch nur in Trockenperioden ergriffen werden. Dabei wird es nicht nur eine Technologie für alle Betriebe geben können, weil die Topographie und die Wasserchemie der Betriebe unterschiedlich ist. Hier muss auch auf angepasste energieeffiziente Konzepte geachtet werden.

 

  1. Erwärmung des Wassers in den Haltungseinheiten: Gegen diesen unerwünschten Effekt von intensiver Sonneneinstrahlung und warmen Umgebungstemperaturen hilft nur Beschattung. Großflächige Dächer über Fischzuchten reduzieren messbar die Erwärmung des Fischzuchtwassers. Hierüber gibt es bereits Erfahrungswerte (1-5 °C weniger Erwärmung). Beschattung reduziert auch das unerwünschte Algenwachstum signifikant. Forellen suchen in der Natur ohnehin eher schattige Plätze auf und haben im Schatten weniger Stress. Schlussendlich verbessert Beschattung auch die Arbeitsbedingungen von Personal, wenn das Personal unter der Beschattung arbeiten kann.

 

  1. Häufung von Hochwasser nach Starkregen. Hier werden für den Hochwasserschutz ertüchtigte Wehre und Zulaufrechen benötigt (auch automatisiert).

 

  1. Salmonidenarten mit geringer Wärmetoleranz (Saiblinge) werden Probleme bekommen.

 

Frage 7: Verwaltungsverfahren:

 

Es gibt mindestens 2 Hemmnisse bei Genehmigungen für Aquakulturanlagen:

  1. Umweltbehörden an den (unteren) Verwaltungsbehörden sind das größte Hindernis. Viele bestehende Aquakulturanlagen wurden gegen deren Willen und ohne Einspruchsmöglichkeit in Landschaftsschutzgebiete, Vogelschutzgebiete und FFH Gebiete aufgenommen. Dies behindert massiv deren Weiterentwicklung. Häufig wird dort jetzt ein Tier geschützt, das zum Zeitpunkt Einführung von NATURA 2000 dort noch garnicht existierte. Eben diese Tiere rotten jetzt durch ungebremstes Populationswachstum andere geschützte Tiere aus (z.B. blauer Moorfrosch, Wasservögel, wie Enten etc.) und niemand verhindert das.
  2. Das Antragsverfahren und Kontrollverfahren für das EMFF ist teilweise so kompliziert, dass Fischzüchter lieber auf Investitionen verzichten. Diese Methode kann man getrost  „Angebot zum Ausschluß “ bezeichnen.

 

Eventuell könnte eine zentrale Ansprechperson die Situation tatsächlich verbessern. Aktuell sind Anträge aus Fischzuchten bei den einzelnen Behörden eher selten. Dort besteht wenig Erfahrung, diese Unsicherheit führt dann schnell zur Ablehnung von Anträgen, zumindest aber zu Anforderungen durch die Behörde, die überzogen sind und nicht häufig nicht erfüllt werden können.

 

Frage 8: Raumordnung:

 

In einigen Fällen hätten Netzgehegefischzuchten, auch im Binnenland großes Potential um die Ressource Wasser, nachhaltig zu nutzen. Dies zeigen Beispiele aus Finnland und Schottland.

 

Bisher sind „großtechnische Kreislaufanlagen“ in der Regel wirtschaftlich gescheitert. Darum werden hier spezielle Gewerbestandorte auch nicht helfen die Aquakultur in Deutschland spürbar voran zu bringen.

 

 

Frage 9: Datenerhebung:

Wir halten die Daten, die im Rahmen der Aquakulturstatistik bereits erhoben werden für ausreichend. Wir sehen keinen Bedarf für zusätzliche Datenerhebungen. Die Zahlen sind bekannt und aktuell. Die Probleme der Branche mit den Behörden sind ebenfalls bekannt.

 

Frage 10: Forschung:

Es ist mehr Forschung mit Praxisrelevanz notwendig. Die Forschung muß in Zusammenarbeit mit Praxisbetrieben erfolgen. Die Praxisbetriebe brauchen ein starkes Vorschlagsrecht für Projekte. Bereiche in denen starke Kooperationen zwischen Praxis und Forschung notwendig wären sind unter anderem:

Moderne, schnell aktualisierbare Methoden der Web-basierten Weiterbildung, die es in anderen Ländern längst gibt.

Genetik und Nachzucht, hier insbesondere die Anwendung von molekularbiologischen Methoden (Marker assisted selection siehe z.B. ).

Molekularbiologische Methoden zur Krankheitsdiagnostik.

Strategien zur Bewältigung des Klimawandels (Temperatur, Wasserqualität bei wenig Wasser, …)

Fütterung und Ernährung von Fischen: Eiweiß-Effizienz, alternative Futterkomponenten, …

Verbesserung der Steuer- und Regeltechnik.

Verbesserung der Technik zur Belüftung, Entgasung, Reinigung.

Verbesserung von Arbeitsprozessen (weniger Handarbeit, genauere Datenerfassung des Fischbestandes, …)

Technologien für neue verarbeitete Produkte.

Frage 11: Corona Pandemie:

Der Absatz über HoReCa ist auf wenige Prozent gesunken. Die Vermarktung über herkömmlichen Partner in der  Gastronomie ist (im Gegensatz zur Karpfenproduktion) zusammengebrochen. Die Auswirkungen auf den Absatz sind erheblich, wenn auch sehr unterschiedlich. die Absatzminderung erreicht z.T. über 40%. Die Frischware später als Frostware auf den Markt zu bringen bedeutet, mit der eigenen Produktion später in Konkurrenz zu treten; abgesehen von den mangelnden Einrichtunge zu frosten und auch zu lagern.

Die Vermarktung mittels überregionaler Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte, LEH, ist schwierig, da die Einkuafstrategie von Marktketten sehr langfristig ist und die erforderlichen Mengen nicht in jedem Fall, und für jedem Zeitpunkt zugesagt werden können. Dies sind die üblichen Bedingungen bei den Top Fünf der Discounter. Der Zugang zu diesem Markt ist nahezu nicht möglich, vielfach langfristig auch nicht erstrebenswert.

 

Maßnahmen zur Stärkung der Direktvermarktung (Hofläden, Angelparks, …) sind langfristig vielversprechender, eine Unterstützung dazu notwendig.

(siehe https://www.portal-fischerei.de/bund/aquakultur/nationaler-strategieplan-aquakultur/anhoerung-nationaler-strategieplan-aquakultur-2021-2030/)

Hofer Forellen GmbH, Stephan Hofer

17.05.2020

Von |2020-05-23T23:04:08+02:00Mai 23rd, 2020|Allgemein, Aquakultur, Forellenzucht|1 Kommentar

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Ein Kommentar

  1. Stier slfred 24. Mai 2020 um 8:34 Uhr - Antworten

    Grundsätzlich alles richtig beurteilt von Stephan Hofer ergänzend aus meiner Sicht:es werden neue Fischarten kommen müssen sowohl für karpfen als auch forellenteichwirtschaft gerade unter dem Aspekt Klimawandel .ausserdem muss den fischzüchtern in Umkreis von 200 m einer fischzuchtsnlage sämtliche Prädatoren letal zu vergrämen andere Schutzmaßnahmen wirken einfach nicht bzw sind zu kostenintensive und beeinflussen die bewirtschafttung negativ.bei rec Anlagen müssen Genehmigungen innerhalb bestehender fischzuchtanlagen möglich sein Kombinationen von Energiegewinnung und Verbrauch mit nachhaltiger Strategie sind zu entwickeln und zu fördern .exkremente aus forellenzuchten rc Anlagen muss in ein nachhaltiges System zu proteinproduktion verwendet werden Stichwort vollkreislauf.
    Besondere Förderung müssen junge betriebsnachfolger für beide Bereiche erhalten um die Weitergabe von Wissen Tradition Nachhaltigkeit generationenübetgreifend zu Gewähr leisten,usw

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