Stellungnahme zur Aktualisierung des Nationalen Strategieplans Aquakultur 2021-2030,
(1. Karpfen)
12.05.2020
Frage 1: Information der Konsumenten:
Wir schätzen das Potential regionaler Erzeugung und Vermarktung von Aquakultur-Produkten als hoch ein. Vorteile für den Konsumenten: Kurzer Transport verbessert den Tierschutz und die Frische des Produktes sowie die Versorgungssicherheit. Weiterhin kann vor Ort am besten eine gesicherte Qualität nach den Vorgaben der EU gewährleistet werden. Allerdings sind Karpfen gerade in Deutschland eine vor allem regional bekannte und geschätzte Spezialität. Verstärkte Verbraucherinformation über die Qualität des Produkts und die Nachhaltigkeit der Produktionsmethoden sind deshalb wichtig, um neue Kunden zu gewinnen.
Frage 2: Erzeugerorganisationen:
Die Stärke der traditionellen Karpfenteichwirtschaft liegt in der regionalen Direktvermarktung. Die Lebend- bzw. Frischfischvermarktung von Karpfen eignet sich für größere Vermarktungsstrukturen nur sehr bedingt. Wie bereits erwähnt bedarf es aber in Zukunft einer verstärkten Werbung für die Erzeugnisse. Weil die Strukturen der Karpfenteichwirtschaft sehr kleinteilig sind, können sich einzelne Betriebe kaum wirkungsvolle Werbekampagnen leisten, Erzeugergemeinschaften könnten in diesem Bereich koordinieren und einen bedeutenden Beitrag leisten. Auch regionale Herkunftsangaben (g.g.A.) und in Zukunft vor allem die Erzeugung von Bio-Karpfen brauchen die Koordinierung von Erzeugung und Marketing um erfolgreich zu sein. Diese Aufgaben können von Zusammenschlüssen der jeweiligen Erzeugergruppen besser organisiert werden.
Frage 3: Menschliche Gesundheit / Tierwohl:
Der Verzehr von Süßwasserfischen ist für die menschliche Gesundheit besonders günstig. Die Wirkung von Fischverzehr auf den menschlichen Organismus ist hinlänglich bekannt.
Eine negative Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit durch Produkte aus der Karpfenteichwirtschaft ist nicht bekannt.
Im Zusammenhang mit meldepflichtigen Tierseuchen (KHV) müssen praxistaugliche und wissenschaftlich basierte Maßnahmen zur Anwendung kommen. Optimierung der Haltungs- und Hygienebedingungen vermeiden Krankheitsausbrüche und fördern das Tierwohl.
Zur Behandlung erkrankter Fischbestände ist eine verbesserte Verfügbarkeit von Medikamenten notwendig. Ein tierärztlicher Indikationsnotstand aufgrund nicht zugelassener oder nicht erprobter Präparate ist auf jeden Fall zu vermeiden.
Frage 4: Umweltleistungen:
Die traditionelle, flächengebundene Karpfenteichwirtschaft leistet einen hervorragenden Beitrag zur Förderung und Erhaltung von Biodiversität. Teichgebiete beherbergen die größte Vielfalt an Habitaten und die größte Vielfalt von Arten. Hinzu kommen Umweltleistungen beim Wasserrückhalt in der Fläche, bei der Nährstoff-Retention, bei der Verbesserung des Kleinklimas in den Teichgebieten und ein hoher Freizeit- und Erholungswert für die Bevölkerung. Allerdings sind die beschriebenen Umweltleistungen an die Fortführung der traditionellen Bewirtschaftung gebunden. Es ist deshalb dringend erforderlich die vielfältigen Umwelt- und Gemeinwohlleistungen der Teichwirtschaft angemessen zu honorieren. Angemessene Flächenprämien für eine bestandserhaltende, biodiversitätsfördernde traditionelle Bewirtschaftung sind dringend erforderlich.
Frage 5: Prädatoren Management:
Der negative Einfluss von Prädatoren, mittlerweile gibt es zahlreiche fischfressenden Arten, auf die Aquakultur nimmt deutlich zu. Kormorane, Gänsesäger, verschiedene Reiherarten und in der letzten Zeit ganz besonders der Fischotter verursachen existenzbedrohende Schäden. In der von großen Teichflächen geprägten Karpfenerzeugung sind die häufig vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen durch Zäune und Netze in den meisten Fällen nicht praktikabel und wirtschaftlich nicht darstellbar. Zäune und Netze beeinträchtigen zudem die Habitate vieler, geschützter Arten und wären in Hinblick auf die Erhaltung der Biodiversität deshalb schädlich.
Der Schutz der Fischbestände ist jedoch unbedingt notwendig, um das traditionelle Bewirtschaftungsmodell zu erhalten. Zukünftig wird dringend notwendig sein die Förderung von Schutzmaßnahmen bei Zucht, Winterungs- und Hälteranlagen.
Auch der sich immer weiter verbreitende Biber führt zu erheblichen Kosten und Problemen in der Teichwirtschaft. Hier sind Kostenersatz der Schäden und Bestandsmanagement erforderlich.
Unbedingt notwendig sind ein professionelles Management der Prädatoren und die zahlenmäßige Beschränkung dieser Arten in den Teichgebieten. Dieses Management kann nicht von den einzelnen Fischereibetrieben organisiert und bezahlt werden, sondern ist eine Herausforderung, die nur gemeinsam angegangen werden kann. Idealerweise sind regionale Gebietskörperschaften und die Bundesländer in Zusammenarbeit mit den Organisationen der Teichwirtschaft die Träger dieser Maßnahme.
Frage 6: Klimawandel:
Der Klimawandel wird für die Teichwirtschaft zu einer großen Herausforderung. Die absehbare Verlängerung oder Häufung von Trockenperioden und geringere Niederschlagsmengen gefährdet vor allem die Wasserversorgung der sogenannten Himmelsteiche, die nur durch Niederschläge und nicht aus Vorflutern gespeist werden. Hier werden die Teichwirte durch geeignete Bewirtschaftungsmaßnahmen, wie frühzeitiges Anstauen der Teiche bereits im Winter oder Mehrfachnutzung des Wassers in Teichketten und auch mit technischen Maßnahmen wie verbesserter Belüftung teilweise gegensteuern können. Soweit es die Gelände erlauben, kann auch das Vertiefen der Teiche sinnvoll sein, um das Wasserfassungsvermögen der Teiche zu erhöhen und damit Wasserverdunstung während der Sommertrockenheit besser zu überstehen.
Ein Nebenaspekt des Klimawandels wird auch sein, dass die Wasserspeicherung in der Fläche durch die Vielzahl von Teichen eine höhere Bedeutung bekommt. Aquatische Lebensräume und Kleinklima werden dadurch massiv begünstigt. Auch die Fähigkeit der Teiche durch den Freibord Hochwasserspitzen auszugleichen und Starkregenereignisse zu puffern wird an Bedeutung gewinnen. Weitere Argumente das Bewirtschaftungsmodell Karpfenteichwirtschaft unbedingt zu erhalten und zu fördern.
Die zu erwartende Erwärmung des Wassers in den Teichen ist in der Karpfenteichwirtschaft bis zu einem gewissen Grad unproblematisch. Der Karpfen liebt Wärme und moderate Temperaturanstiege können sogar zu einer Verbesserung der Produktionsbedingungen sorgen.
Frage 7: Verwaltungsverfahren:
Richtlinien der EU und auch nationale Rechtvorschriften sind in Bezug auf die Teichwirtschaft häufig gegenläufig. Einerseits soll die Produktion von Fisch erhöht werden, andererseits verweigern Umweltverordnungen und lokale Behörden oft die Zustimmung zum Bau bzw. zur Erweiterung von Teichanlagen. Viele Teichgebiete sind mittlerweile als FFH-, SPA- oder Naturschutz-Gebiet ausgewiesen und gehören zum Netzwerk Natura 2000. Das bedeutet, dass verschiedene Prädatoren, z.B. Fischotter und Kormoran dort nur unter massiv erschwerten Bedingungen gemanagt werden können. Auch Schutzmaßnahmen wie Zaunbau und die Errichtung von notwendigen Gebäuden ist deutlich erschwert. Damit wird in den Natura 2000 Gebieten die Fortführung der traditionellen Bewirtschaftung stark beeinträchtigt. Dabei wird vergessen, dass Teiche Kulturlandschaft sind, von Menschen geschaffen wurden und auch nur durch die Fortführung der traditionellen Bewirtschaftung erhalten werden können.
Verwaltungsvereinfachungen sind notwendig beim Antragsverfahren und Kontrollverfahren für den EMAF. Das teilweise komplizierte Verfahren lässt v.a. die Kleinbetriebe der Karpfenteichwirtschaft oft scheitern. Für die Landeskultur und die regionale Identität in den Karpfenregionen ist gerade die Erhaltung der Kleinstrukturen aber von erheblicher Bedeutung und sollte deshalb gefördert werden.
Notwendig sind Vereinfachungen auch bei der Umsetzung der Fischseuchenrichtlinie. KHV muss aus der Liste der anzeigepflichtigen Fisch-Seuchen gestrichen werden. Die Kontrollhäufigkeit muss dem tatsächlich vorhandenem Risiko angepasst, d.h. deutlich vermindert werden.
Frage 8: Raumordnung:
Die Genehmigung des Betriebs und die Weiterführung von Fischereianlagen sollte zukünftig positiver bewertet werden. Die Erlaubnis zum Bau von Neuanlagen muss auch die positiven, bereits beschriebenen Umweltleistungen berücksichtigen. Hindernisse im Genehmigungsverfahren (kostenintensive Planungen, Schutzkonzepte, Gutachten, usw) sind zu vermeiden.
Karpfen werden bisher nicht in großtechnischen Kreislaufanlagen gehalten. Der vergleichsweise geringe Produktpreis kann die, in der intensiven Haltung, anfallenden Kosten nicht decken. Bisher sind „großtechnische Kreislaufanlagen“ in der Regel aber auch bei anderen Fischarten meist wirtschaftlich gescheitert. Spezielle Gewerbestandorte werden an dieser Ausgangslage nichts verändern und sind auch Sicht der Karpfenerzeuger nicht notwendig.
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